Zweiter Gesang Der Aufprall war federleicht. Der erste Funkspruch: 00.15 Uhr. Mayday. An alle. Position 41û 46' Nord 50û 14' West. Fabelhaft, dieser Marconi! Ein Ticken im Kopf, in der Muschel, drahtlos und fern, so fern - ferner als ein halbes Jahrhundert! Keine Sirenen, keine Alarmglocken, nur ein diskretes Klopfen an der Kabinentür, ein Hüsteln im Rauchsalon. Während unten das Wasser steigt, bindet der Steward einem ächzenden alten Herrn, Werkzeugmaschinen und Metallurgie, auf dem D-Deck die Schnürsenkel zu. Nur Mut! Nur keine Müdigkeit, meine Damen, Galopp! ruft der Gymnastiklehrer, Mr. McCawley, tipptopp wie immer in seinem beigen Flanellanzug, durch die getäfelte Turnhalle. Lautlos schaukeln die mechanischen Dromedare auf und ab. Niemand ahnt, daß der Unermüdliche magenkrank ist, daß er nicht schwimmen kann, daß er sich fürchtet. John Jacob Astor hingegen schlitzt mit der Nagelfeile einen Rettungsring auf und zeigt seiner Frau, einer geborenen Connaught, was drin ist (vermutlich Kork), während in den Laderaum vorn armdick das Wasser strömt, eisig unter den Postsäcken gurgelt, in die Kombüsen sickert. Wigl wagl wak, spielt die Band in schneeweißer Uniform, my monkey: ein Potpourri aus der Dollarprinzessin. Auf ins Metropol! Berlin, wie es leibt und lacht! Nur ganz unten, wo man, wie immer, zuerst kapiert, werden Bündel, Babies, weinrote Inletts hastig zusammengerafft. Das Zwischendeck versteht kein Englisch, kein Deutsch, nur eines braucht ihm kein Mensch zu erklären: daß die Erste Klasse zuerst drankommt, daß es nie genug Milch und nie genug Schuhe und nie genug Rettungsboote für alle gibt. |