Der Aufschub

Bei dem Berühmten Ausbruch des Helgafell, eines Vulkans

auf der Insel Heimaey, live übertragen von einem Dutzend

hustender Fernsehteams, sah ich, unter dem Schwefelregen,

einen älteren Mann in Hosenträgern, der, achselzuckend

und ohne sich weiter zu kümmern um Sturmwind, Hitze,

Kameraleute, Asche, Zuschauer (unter ihnen auch ich

vor dem bläulichen Bildschirm auf meinem Teppich),

mit einem Gartenschlauch, dünn aber deutlich sichtbar,

gegen die Lava vorging, bis endlich Nachbarn, Soldaten,

Schulkinder, ja sogar Feuerwehrleute mit Schläuchen,

immer mehr Schläuchen, gegen die heiße, unaufhaltsam

vorrückende Lava eine Mauer aus naß erstarrter

kalter Lava höher und höher türmten, und so

zwar aschgrau und nicht für immer, doch einstweilen,

den Untergang des Abendlandes aufschoben, dergestalt,

daß, falls sie nicht gestorben sind, auf Heimaey,

einer Insel unweit von Island, heute noch diese Leute

in ihren kleinen bunten Holzhäusern morgens erwachen

und nachmittags, unbeachtet von Kameras, den Salat

in ihren Gärten, lavagedüngt und riesenköpfig,

sprengen, vorläufig nur, natürlich, doch ohne Panik.

 

 

Das wichtigste Thema des Buchs

Fortsetzung: Elfter Gesang