Sie ist im Pelz; sie trägt eine Peitsche und

behandelt Männer wie Sklaven. Obwohl

das Bild von Sacher-Masochs Wanda wie

eine Dominatrix scheinbarunverändert bleibt,

wird Wandas Charakter das Buch

hindurch transformiert.

Am Anfang ist sie die Griechin, die Heidin,

die Hetäre. Die junge, reiche und schöne

Wanda liebt jeden, der ihr gefällt; sie

prangert Ehe und Moral an; sie sucht

Vergnügen und Schönheit. Sie identifiziert

sich mit fer Frauvon Severins Traum :

"Mir ist die heitere Sinnlichkeit der Hellenen

Freude ohneSchmerz-ein Ideal, das ich

in meinem Leben zu verwirklichen

strebe. denn an jener Liebe, welche das

Christentum,welche die Modernen, die

Ritter vom Geiste predigen,glaube ich

nicht."

Aber sie glaubt an die Unabhängigkeit der Frau von Männern und dieser Glaube bringt sie in

Verbindung mit der Femme Fatale und ihrer Selbstständigkeit. Obgleich Wanda wie die heidnische

Griechin beginnt,benimmt sie sich wie eine Sadistin am Ende. Sie findet Vergnügen daran,

Severin zu verletzen und zu faltern.

"Du willst also durchaus gepeitscht werden?"rief sie, indem sie den Kopf übermütig in dem

Nacken warf.

"Ja."

Auf einmal war Wandas Gesicht vollkommen verändert, wie vom Zorne entstellt, sie schien

mir einenMoment sogar häßlich.

"Also peitschen Sie ihn!" rief sie laut.

Aber meistenteils ist Wanda zwischen den zwei Extremen, zwischen der Hetäre und die

Sadistin. Sie wird das masochistische Ideal; die Frau, die ihre eigene Qual mit Angst, Abscheu

und Anziehung betrachtet und die nicht weiß, ob sie die vorgeschriebende Rolle aufrecht

erhalten kann.

Es ist wichtig zu bemerken, daß Wanda nicht selbst die Rolle der grausamen Herrin wählt;

Severin formt Venus; erzieht ihr den Pelz an und veranlaßt die harten Worte.

"Habe ich dir weh getan?" fragte sie halb verschämt, halb ängstlich.

"Nein,"entgegnete ich, "und wenn es wäre, mir sind Schmerzen, die du mir bereitest, ein Genuß.

Peitsche mich nur, wenn es dir ein Vergnügen macht."

"Aber es macht mir kein Vergnügen."

"Peitsche mich,"bat ich, "peitsche mich ohne Erbarmen."

Die griechische Hetäre wird in dem masochistischen Ideal durch Unterdrückung ihrer

Sinnlichkeit transformiert. Alles in venus deutet auf Kälte hin-der Marmorleib, das

Venusbild von Stein, auch der Pelz, der getragen wird, nicht nur um Wanda zu maskieren,

sondern auch um sie vor der Kälte zu schützen.

Wanda ist selbst eine Masochistin, weil sie Herrschaft in ihrer Heirat mit dem Griechen

sucht. Und obgleich sie in der masochistischen Verbindung mit Severin nicht sadistisch ist,

wird Wanda sadistisch, als sie ihre Rolle satt zu haben beginnt.

Ist Wanda eine Femme Fatale? Sie besitzt sexuelle Macht und Freiheit; die heirat ohne Liebe ist

für sie lanweilig und begrenzend. Aber ihr fehlt die Kraft und dämonische Verführerung,

womit sie Männer manipulieren kann. Im wesentlichen ist sie ein Spielzeug von Severin und

dem Griechen, ein Instrument der Gewalt, das Vergnügen bringt.